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News-Eintrag vom 25.07.2016

Nein zum Militärputsch – Nein zum zivilen Putsch in der Türkei – Nur eine friedliche und rechtsstaatliche Lösung führt zu einer stabilen Demokratie

In der Türkei fand am 15. Juli spät abends ein Militärputschversuch statt. Die sich selbst ironischerweise „Yurtta Sulh Hareketi“ (Bewegung Frieden im Land) nennenden Putschisten bombardierten insbesondere in Ankara und Istanbul zahlreiche öffentliche Einrichtungen, darunter auch das Parlamentsgebäude. Mehr als 150 Zivilisten, die auf der Straße gegen den Putsch protestierten, wurden brutal ermordet. Der Putschversuch durch eine Gruppe von Militärangehörigen, die vermutlich Anhänger der Gülen-Bewegung waren, wurde von Anfang an sowohl von der Regierung als auch von allen Oppositionsparteien scharf kritisiert und deutlich abgelehnt. Nach massiven Protesten und Gegenmaßnahmen scheiterte er noch am frühen Morgen des 16. Juli 2016.

Nach dem Scheitern des Militärputschversuches wurden zahlreiche hochrangige Militärangehörige, die aktiv daran teilgenommen hatten, aber auch Richter, Staatsanwälte, Beamte, Lehrer, Wissenschaftler etc., die angeblich der Gülen-Bewegung angehören, festgenommen, Tausende vom Dienst suspendiert bzw. entlassen. Alle Fakultätsdekane wurden aufgefordert zurückzutreten, die Forschungs- bzw. Dienstreisen von WissenschaftlerInnen ins Ausland wurden verboten und die sich bereits im Ausland auf Forschungs- bzw. Lehraufenthalt befindlichen WissenschaftlerInnen zurückgerufen. Wir begrüßen, dass der Putschversuch des Militärs erfolglos geblieben ist. Die türkische Regierung scheint den gescheiterten Putsch nun jedoch zu instrumentalisieren, um die Grundsätze des Rechtsstaates auszuhebeln.

Schließlich wurde am 20. Juli 2016 in der ganzen Türkei der Ausnahmezustand verhängt. So wurde der eigentlich seit einiger Zeit (in einem Teil der kurdischen Siedlungsgebiete) praktizierte Ausnahmezustand offiziell. Somit kann die türkische Regierung jetzt per Dekret regieren; demokratische Rechte und Grundrechte können eingeschränkt werden. Anders als bei früheren Ausnahmezustandsperioden wird laut türkischem Regierungssprecher sogar die Europäische Menschenrechtskonvention vorübergehend außer Kraft gesetzt.

NAVEND – Zentrum für Kurdische Studien e.V. verurteilt den gewaltsamen Militärputschversuch in der Türkei am 15. Juli, der sehr viele Menschen das Leben gekostet hat, gegen den Willen der Bevölkerung gerichtet war und die ohnehin schwache Demokratie in der Türkei noch mehr erschüttert hat, aufs Schärfste. Die Reaktion der einfachen Menschen und die entschlossene Haltung aller politischen Parteien gegen die Putschisten waren bemerkenswert und haben eine wichtige Rolle für das Scheitern des Putschversuches gespielt.

Es ist wichtig, dass der Putschversuch im vollen Umfang aufgeklärt wird und alle Verantwortlichen mit rechtsstaatlichen Mitteln und in fairen Verfahren zur Rechenschaft gezogen werden.
Jedoch wecken die Maßnahmen und Ankündigungen nach dem Putschversuch wie der Aufruf zur Wiedereinführung der Todesstrafe, diverse Einschränkungen und Rechtsverletzungen und zuletzt die Wiedereinführung des Ausnahmezustandes die Sorge, dass Demokratie und Rechtstaatlichkeit weiter geschwächt werden. Außerdem besteht die Gefahr, dass bei den anhaltenden Demonstrationen die Massen gegen andere Volksgruppen aufgehetzt werden, was schon in Einzelfällen beobachtet wurde.
Die Putschnacht hat dagegen eigentlich gezeigt, wie wichtig demokratische Grundrechte und Freiheiten für den Schutz der Demokratie sein können.

Denn der Putsch wurde nicht nur durch Sicherheitsmaßnahmen, sondern sehr stark auch durch spontane Proteste der Zivilbevölkerung und effektive Nutzung der Pressefreiheit vereitelt. Daher wäre das beste Gegenmittel gegen Angriffe auf die Demokratie eine Stärkung der Demokratie, ihrer Werte, Freiheiten und Institutionen. Die geschlossene Ablehnung des Putsches bot zudem großes Potential, dass sich die Gesellschaft über ideologische und ethnische, religiöse Grenzen hinweg gemeinsam für die Demokratie einsetzt. In dieser Hinsicht würde eine friedliche und demokratische Lösung des Kurdenkonflikts einen grundlegenden Beitrag auf diesem Wege leisten.

Die Bundesregierung, aber auch die europäischen und internationalen Institutionen sind nun aufgefordert, sich zu positionieren. Das Vorgehen des türkischen Staates ist nicht vereinbar mit den Grundwerten des Europarates und der NATO, der die Türkei angehört, und ebenso wenig mit den Prinzipien der Europäischen Union, deren Mitgliedschaft die Türkei anstrebt. In Anbetracht der aktuellen Lage in der Türkei müssen die Beitrittsverhandlungen mit sofortiger Wirkung ausgesetzt werden.

Bonn, 25.07.2016

NAVEND – Zentrum für Kurdische Studien e.V. 

Bornheimer Str. 20-22, 53111 Bonn
Tel: 0228 652900, Fax: 0228 652909
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